Matthias Jung


 

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Zeitsprung - Gemeinde 2030

 

 

 

Einander gut tun.

Trauansprache zu 2. Timotheus 1,7

 

Liebes Brautpaar,

mein Eindruck nach unserem Gespräch vor einigen Wochen war, dass Sie Ihrer Frau gut tun. Und dass Sie Ihrem Mann gut tun. Das stand mir so vor Augen.

Einander gut tun scheint mir eine gute Übersetzung für das große Wort zu sein, dass im Zusammenhang mit Hochzeiten im Raum steht: Liebe. Und dieses Wort hat den Nachteil, dass es so unendlich weit ist, leicht mit Verliebtheit und romantischen Gefühlen verwechselt wird. Die gehören schon dazu, aber Liebe ist viel mehr: eben einander gut tun, nicht nur: einander Gutes tun.

Und die Einrichtung der Ehe ist ein Schutzzaun für die diese Liebe, für Gefahren von innen wie von außen. Wir Menschen brauchen solche Geländer, die uns Halt geben.

Und dass Sie einander gut tun wollen und diesen Schutzraum für sich in Anspruch nehmen und all Ihre Freude, Sehnsucht und Hoffnung, aber auch Zweifel und Ängste vor Gott bringen und sich unter seinen Segen stellen wollen, all das feiern Sie heute hier. Dazu haben uns alle dazu geladen und hier in der Kirche wird das alles verdichtet und anschaulich.

Damit ist eigentlich schon alles gesagt.

Bis auf die Antwort auf die Frage: Ja, wie mache ich das denn nun, einander gut tun? Gibt es eine Art Handlungsanweisung?

Die gibt es. Das Schöne: Sie haben Sie selber gewählt. Ihr Trauspruch lautet:

Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit (2. Tim 1,7)

Kraft, Liebe, Besonnenheit. Und nicht aus eigener, sondern aus Gottes Kraft. Ich erinnere mich aus unserem Gespräch, dass Sie diesen Spruch sehr bewusst gewählt haben und bereits für sich selber hören.

Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht. Wir müssen uns nicht lange umschauen in dieser Welt, um Angst zu bekommen. Angst vor dem, was in Zukunft geschehen kann. Mit mir, mit meinen Lieben. Paulus deutet das nur an, er weiß auch darum – aber er geht gleich weiter. Das, was uns Angst macht und auch die Angst selber sollen uns nicht in unseren Beziehungen und überhaupt im Leben bestimmen.

Gott hat uns gegeben den Geist der Kraft. Das hören wir erst mal gerne. Aber es gilt, genau hinzuhören. Es heißt nicht: Gott wird uns Kraft geben, sondern: Er hat uns Kraft gegeben. Sozusagen im Vorschuss auf alles, was geschehen kann. Nichts soll uns so sehr die Kraft rauben, dass es unseren Glauben an ihn und an die Liebe zerstören kann. Er hat uns Kraft gegeben und gibt sie jeden Tag. Kraft, auszuhalten. Kraft, neu anzufangen. Kraft, Konflikte zu lösen.

Gott hat uns gegeben den Geist der Liebe. Nicht das Gefühl der Liebe. Ich sage mal salopp: Die Liebesgefühle kommen von alleine und wenn sie mal abflauen – was normal ist –, dann kommen sie schon wieder, wenn der Geist der Liebe stimmt. Einander gut tun wollen. Gott tut uns gut, weil er uns Lebens- und Liebesperspektiven in Jesus anbietet. Und in diesem Geist können wir einander gut tun. Nicht nur in den Liebes- und Familienbeziehungen, nein, eigentlich überall da, wo wir mit anderen zu tu haben. Aber es gibt dieses Geheimnis zweier Menschen, die sich aufeinander einlassen und zwar dauerhaft. Ja, ich gehe mit dir durch dick und dünn. Und dann erleben diese beiden dieses Geheimnis der Liebe. Dass da etwas wächst und gedeiht, dass nur Ihnen beiden gehört und dass Sie auch anderen Außenstehenden nie wirklich vermitteln können. In diesem Geheimnis liegt für mich ein Grund, warum die katholische Kirche die Ehe als ein Sakrament ansieht. Das ist etwas »Heiliges«, Einzigartiges und vorn Gott Geschenktes.

Gott hat uns gegeben den Geist der Besonnenheit. Man könnte auch sagen den Geist der Achtsamkeit. Gemeint ist das weniger als Handlungsanweisung für cholerisch veranlagte Menschen – für die sicher auch – als eine Richtlinie fürs tagtägliche Handeln. Die Liebe braucht die Besonnenheit, damit ich nicht gleich jedem Impuls nachgebe. Manchmal heißt lieben, einander gut tun: abwarten, schweigen, hoffen, paradoxerweise erst mal nichts tun. Erst im Zusammenspiel von Liebe, Kraft und Besonnenheit lernen wir im Lauf der Zeit, einander gut tun. Lernen, auch was Vergebung und Versöhnung bedeutet, denn leider tun wir nicht immer einander gut. Dafür aber, so sagt die Bibel, ist Jesus gestorben. Dass Umkehr und Neuanfang immer möglich bleiben und Altes und Böses uns nicht ewig lähmen muss und quälen kann.

Liebes Brautpaar,

einander gut tun. Das wollen Sie. Und wir freuen uns über diese Absicht und diese Entscheidung mit Ihnen, feiern dass mit Ihnen. Rabbinisch gedacht können wir bestimmt sagen: Gott und seine Engel im Himmel freuen sich auch mit. Und damit es auch gut wird, gibt er Ihnen den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.

Amen.